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Ein ganz persönlicher Brief an meine drei großen Meister.

Lieber Siddhartha, lieber Jesus und lieber Bapu!

Vor euch verneige ich mich mit tiefer und großer Ehrfurcht und Bewunderung! Nicht, weil ihr göttlich und heilig seid, sondern ganz im Gegenteil: Weil ihr in eurem irdischen Leben bewusst klein geblieben seid und daher für mich die großartigsten Menschen auf der Erde wart. Mein Buch habe ich nach euch benannt, um eure Lehre von Liebe, Achtsamkeit, Bescheidenheit und Freiheit zu verdeutlichen. Ihr seid für mich großartige Vorbilder, weil ihr eure Lehre nicht nur gelehrt, sondern auch gelebt habt. Ihr hättet große Herrscher, Führer und Politiker auf dieser Welt werden können, du Buddha warst es sogar vor deiner Zeit. Ihr wusstet, dass dieses weltliche Ringen um Macht und Einfluss in die falsche Richtung führt. Du lieber Jesus, hast es während deiner 40 Tage in der Wildnis klar vor Augen gesehen, dass du das Sendungsbewusstsein und die Gabe hattest, die ganze Welt zu regieren und zu beherrschen. Und du, lieber Bapu, du bist für mich der allergrößte Politiker, den es je gab. Auch wenn du dich selbst nicht als Politiker gesehen hast, hast du es allen vorgezeigt, wie man ein Volk mit Liebe und Gewaltfreiheit leiten und führen kann und sich dabei selbst nicht an die Spitze, sondern ganz hinten als Diener anstellt. Schade, dass dein indisches Volk nicht die Reife besitzt, dies auch nach deiner Ermordung weiterzuführen.
Deshalb möchte ich euch in der Tat nachfolgen und nicht nur in klugen Reden. Deshalb soll es nicht nur bei diesem Buch und bei diesem Brief bleiben, sondern ich will durch das Land pilgern, um das Himmelreich auf Erden zu suchen und zu finden, von dem ihr schon geredet habt und was ihr versucht habt, hier auf Erden aufbrechen zu lassen. Und es bricht auch immer wieder auf durch Menschen, die euch als Vorbilder sehen, sich danach ausstrecken und so leben, als wäre es schon mitten unter uns.

Lieber Siddhartha, als ich damals dein Leben studierte, hat mich die Überlieferung so überwältigt! Du warst eigentlich der erste klassische Aussteiger! Der großgewordene verwöhnte Sohn in einer königlichen Familie in einem kleinen Palast macht einen Ausflug und entdeckt die wahre Welt und merkt, dass alles, was er bis dahin erlebte, nur Schein und Illusion war. Das erlebe ich auch hier in unserem modernen europäischen Wirtschaftsland Deutschland jeden Tag, ich lebe auch in einem Schloss und in den Medien muss ich sehen, dass dies nicht auf der ganzen Welt so ist. Und wie du dann gleich ins andere Extrem der absoluten Askese gegangen bist, dass muss dich unheimlich viel Mut gekostet, aber auch Lebenserfahrung gebracht haben. Und immer auf der zweifelnden Suche nach der Wahrheit. Irgendwann hast du erkannt, dass beides dumm und naiv ist, der Reichtum und die Ausschweifung, genauso wie die übertriebene Askese. Du hast den Pfad der goldenen Mitte und damit verbunden deine Erleuchtung gefunden und dies findet sich oft in Menschen wieder, die in ihrem Leben die Extreme kennengelernt und gelebt haben und dadurch am Ende ein Leben mit sehr viel mehr Erfahrung und Weisheit vorzeigen können. Wobei ich die buddhistische Erleuchtung, wie sie heute beschrieben und dargestellt wird, nicht teilen kann, ähnlich wie die Erfüllung mit dem Heiligen Geist bei den Christen. Ich glaube, Erleuchtung und Erfüllung mit einem höheren Geist ist keine plötzliche mystische Erscheinung bei einem Menschen, sondern ein Lebensprozess. Viele Buddhisten sind heutzutage viel zu sehr mit sich selbst und ihrer Erleuchtung beschäftigt und ich glaube, du würdest ihnen ähnlich wie damals den Asketen im Wald klarmachen, dass die goldene Mitte nur dann zu erreichen ist, wenn man Schwingungen im Leben zulässt, ähnlich wie in dem Gleichnis der Seiten eines Instrumentes, welches dich damals hat aufhorchen lassen. Aber du warst nicht nur ein Aussteiger, lieber Siddhartha, sondern hast damals schon diesen ganzen Priesterkult der Brahmanen angegriffen. Du hast das Himmelreich und das Nirwana allen zugänglich gemacht. Das war revolutionär! Das hat 600 Jahre nach dir Jesus genauso mit den religiösen jüdischen Heuchlern getan. Überhaupt hättet ihr beide euch bestimmt sehr gut verstanden und in euren Ansichten bestätigt.

Lieber Jesus! Du bist wirklich in meinen Augen der allergrößte, den es gab. Und ich hoffe, ich konnte dir einen Gefallen tun, dich mit dem Neuzeitevangelium wieder von diesem morschen Kirchenkreuz herunterzuholen, um dich aus den dicken Mauern der Kirchen und Kathedralen zu befreien. Egal, was wirklich damals geschehen war, was die Evangelien berichten und ob du Gott oder nur Mensch warst oder bist, die Predigten und Gleichnisse von dir sind so klar und geradlinig, so interessant und poetisch, so liebevoll und kraftvoll und manchmal auch scharf wie ein zweischneidiges Schwert. Und du hast so konsequent die drei Jahre durchlebt mit so viel Mut, Liebe, Entschiedenheit und am Ende mit so viel Angst und Zweifel diese qualvolle römische Hinrichtung über dich ergehen lassen. Meine Ehrerbietung und Hochachtung! Durch deinen Märtyrertod hast du vielen Menschen nach deiner Zeit Hoffnung gegeben, standhaft zu bleiben, an die Wahrheit und an das Gute zu glauben, auch wenn die Mächtigen dieser Welt ihnen die Freiheit oder gar das Leben nahmen.
Übrigens habe ich in meinem Studium über dein Leben die feste Überzeugung gewonnen, dass du vor deinem dreißigsten Lebensjahr mit Johannes, dem Täufer, zusammen bei den Qumranern mitgelebt hast. Stimmt das? Wie gern würde ich mit dir, eigentlich mit euch dreien, mal am Feuer sitzen, so wie mit JEBUGA. Und ich würde euch so vieles fragen. Ich kam ebenfalls nach einer sehr strengreligiösen Zeit in einer radikal-christlichen Gemeinschaft zu der Erkenntnis, dass die Liebe und das freie Denken durch Radikalität und religiöse Engstirnigkeit immer eingeschränkt werden. Siddhartha hat es ähnlich erlebt bei den Asketen im Wald, wie du bei den Qumranern. Du und Siddhartha! Für mich seid ihr wie zwei seelische Blutsbrüder, ohne dass ihr es wusstet. Ich weiß nicht, ob du noch lebst, viele glauben es ja, aber bestimmt hast du nicht damit gerechnet, dass sich die Menschheitsgeschichte noch weitere 2000 Jahre hinzieht und ich glaube, dass es auch kein Ende der Welt gibt, wie es die Offenbarung in der Bibel beschreibt bzw. wie du es erwartet hast. Eher werden wir Menschen selbst uns ein Ende bereiten, wenn ich die gegenwärtige Lage verfolge.
Nach euch kam übrigens einer, der am erfolgreichsten und konsequentesten die von euch gepredigte Achtsamkeit, Gewaltfreiheit und Feindesliebe in die Tat umgesetzt hat: Mahatma Gandhi!

Lieber Bapu! Jetzt an dich noch ein paar Zeilen. Weißt du, was DU für mich bist!? Nicht der Vater der indischen Nation. Sondern der Vorzeige-Vater der ganzen Welt! Du hast uns gezeigt, wie man in Gemeinschaft zusammenlebt. Du hast die Lehren von Jesus und Buddha im Alltag und in der Gesellschaft umgesetzt. Ins gemeinschaftliche, multikulturelle und multireligiöse Leben. Wie dringend brauchen wir dich wieder! Auch heute prallen die Religionen mit Gewalt aufeinander, sprengen sich junge Männer in die Luft, um andere mit in ihren falschen religiösen Märtyrertod zu reißen und immer mit der Einbildung, Gott ist an ihrer Seite. Die Stadtzentren, die du damals schon als menschenfeindlich angesehen hast, werden immer größer und anonymer. Auch in deinem Land Indien gibt es riesige Metropolen voller Armut, Gewalt und Dreck. Das menschenfeindliche Kastensystem besteht leider immer noch, obwohl du es in deinen Ashrams schon überflüssig machen wolltest, indem du selbst Arbeiten von Unberührbaren verrichtet und die Latrinen geleert hast, die niedrigste Arbeit, ähnlich wie Jesus bei den Fußwaschungen. Dein Land wird immer noch als Billig-Textilproduzent ausgebeutet und ist immer noch gespalten, immer noch bekriegen sich die Menschen aufgrund ihrer verschiedenen Religionen und Abstammungen. Du warst ein sehr kluger und konsequenter Mann, Bapu, und wusstest, dass du dein indisches Volk nicht mit der Brechstange ändern konntest. Und ich kann mir so sehr deine Enttäuschung vorstellen, als du zusehen musstest, wie nach der Vertreibung der englischen Besatzer kurz darauf deine eigenen Landsleute an die Macht traten und teilweise schlimmer regierten, wie die Engländer.
Ich habe übrigens vor kurzem die Autobiographie deiner Frau Kasturbai gelesen. Was habe ich am Ende geweint, wie du deine Frau im Gefängnis sterbend in deinen Armen gehalten hast. Ich muss beim Schreiben schon wieder weinen. Auch zu zweit kann man sich ganz einer göttlichen Mission widmen. Du, lieber Bapu, bleibst ja im Gegensatz zu Siddhartha und Jesus von der Vergöttlichung deiner Person weitestgehend verschont, weil du noch in unserer Zeit gelebt hast, aber weißt du, was dich von Jesus und Siddhartha im positiven Sinne abhebt? Du hattest eine Familie, Frau und Kinder und hast mit ihnen zusammen Gottes Gerechtigkeit und Wahrheit gedient und versucht, sie umzusetzen. Jesus hatte keine Familie und Siddhartha hat seine sogar verlassen. Gemeinschaft, Familie und Partnerschaft ist ein wichtiger Bestandteil in einer funktionierenden Gesellschaft, aber gerade diese Lebensbereiche sind am schwersten im Alltag umzusetzen. Das hast du, lieber Bapu, so konsequent in deinem Leben umgesetzt. Auch wenn du wahrscheinlich dir selbst Fehler in der Erziehung deines Erstgeborenen eingestehen musstest, aber wir sind alle fehlbar. Du hättest ein schönes, gemütliches und bürgerliches Leben als Familienoberhaupt, als Rechtsanwalt und als privilegierter Politiker führen können. Aber du hast auf dies alles verzichtet, um deinem Volk nah zu sein und ihm beizustehen. An dir können sich viele Politiker und Regierende auf der Welt ein Beispiel nehmen.

Sollte es euch, lieber Siddhartha, lieber Jesus und lieber Bapu wirklich noch da oben irgendwo im Himmel, Nirwana oder Universum geben, dann grüßt mir bitte auch noch die vielen anderen kleinen Helden und Heldinnen, die für mich so groß sind:

Grüßt mir Franziskus, ich fand es so Klasse, wie er sich bei der Gerichtsverhandlung in Assisi vor seinem Vater, dem reichen Kaufmann, nackt ausgezogen hat und die Stadt Assisi verließ, um fortan bei den Armen zu leben.

Grüßt mir Elisabeth von Thüringen. Auch vor ihr verneige ich mich tief. Sie ist für mich eine der mutigsten und konsequentesten Frauen im Mittelalter gewesen. Wenn wir Männer nicht so patriarchisch die letzten 3000 gelebt hätten, wären bestimmt noch viele andere Frauen wie sie so bekannt, berühmt und beliebt geworden.

Grüßt mir Ashoka, den indischen Herrscher. Er hat uns nach seiner Hinwendung zum Buddhismus vorgezeigt, wie man als großer Herrscher weise und gerecht regieren kann.

Grüßt mir John Lennon, sein mutiges Auftreten und sein Kampf für Frieden und Freiheit auch ohne irgendeine Religion und einen Gott hat ihm durch einen fundamentalistischen Christen das Leben gekostet, so wie Gandhi von einem extremen Hindu erschossen wurde. Es ist überall das Gleiche! 🙁

Grüßt mir Peace Pilgrim! Vor ihr kann ich mich eigentlich mit meinem vielen Reisegepäck nur schämen. Sie hat tausende Kilometer in Amerika zu Fuß für den Frieden zurückgelegt und nichts bei sich gehabt. Sie ist der heilige Wahnsinn gewesen! Für mich ist sie die konsequenteste Pilgerin aller Zeiten. Schade, dass sie wegen eines so dummen Verkehrsunfalles ums Leben gekommen bist, aber das zeigt mir, dass niemand von uns vor dem Schicksal verschont bleibt.

Grüßt mir Lew Toilstoi! Er ist für mich ein gutes Beispiel, wie ein Mensch auch noch im hohen Alter aufwachen kann. Hat seine ganzen Romane verworfen und erkannt, worin die Ursache von Krieg und Frieden zu finden ist. Wollte sich nochmal mittellos als Pilger zu Fuß aufmachen und wurde kurz darauf von einer dummen Grippe erwischt. Leider lesen die Menschen immer noch lieber seine Romane, als seine Traktate nach seinem Erwachen. Sie wollen eben lieber Unterhaltung als Wahrheit.

Meine liebe Sabine Ball, ich hoffe, dich gibt es auch da oben! Du warst eine so tolle Frau hier auf Erden und ich konnte dich noch zu meinen Lebzeiten erleben. Einst eine Millionärin und dann die Mutter Theresa von Dresden. Ich umarme dich, wie ich es schon damals so gern tat!

Grüßt mir alle, die in ihrem irdischen Leben irgendwann aufgewacht sind und erkannt haben, dass es sich lohnt, für Liebe, Glaube, Hoffnung, Freiheit und Gerechtigkeit zu leben und zu kämpfen. Das macht unser Leben und das Leben der anderen lebenswerter.

Bis bald! Pilger Thomas

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© Pilger Thomas
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